Das "Neue Lausitzische Magazin"
Im Geiste der Aufklärung versuchte die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften von Beginn an, neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu verbreiten. Dies geschah zunächst in den "Provinzialblättern" die ab 1782 in sechs Folgen gedruckt worden sind. Um den Wissensdrang zu erfüllen, erschienen bis 1821 temporär oder auch nur bedarfsweise die Zeitschriften "Wochenblatt für die Lausitz und den Cottbusser Kreis", "Vergangenheit und Gegenwart" oder die "Vaterländische Monatsschrift zunächst für beide Lausitzen". Oftmals war aber deren Erscheinen nur vom Engagement Einzelner abhängig. So hatte 1792 auch das "Lausitzische Magazin oder Sammlung verschiedener Abhandlungen und Nachrichten zum Behuf der Natur-, Kunst-, Welt- und Vaterlandsgeschichte, der Sitten, und der schönen Wissenschaften" - ein Vorläufer des "Neuen Lausitzischen Magazins", auf dessen Namen es sich bezog - sein Erscheinen nach immerhin 25 Jahrgängen aus finanziellen Gründen einstellen müssen. Schon 1790 hatte Christian Adolph Pescheck in Zittau mit der "Lausitzischen Monatsschrift" den Versuch unternommen, dem nahenden Ende des "Lausitzischen Magazins" zuvorzukommen und eine eigene Zeitschrift zu etablieren. Diese Monatsschrift wurde 1793 per Vertrag an die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften abgetreten. Auch den von der Gesellschaft selbst herausgegebenen Zeitschriften waren stets nur wenige Jahrgänge beschieden: die sich an Peschecks Schriftenreihe anschließende "Lausizische Monatsschrift" erlebte zwischen 1793 bis 1799 mehrere Hefte und deren Nachfolger, die "Neue Lausizische Monatsschrift", wurde 1808 aus "Mangel an Theilnahme" wieder eingestellt. Die Zeit der Franzosenkriege brachte schließlich jegliche Veröffentlichungstätigkeit zum Erliegen.
1822 wurde schließlich ein neuer Anlauf genommen und das erste Heft des "Neuen Lausitzischen Magazins" erschien. Der damalige Sekretär und Herausgeber, Johann Gotthelf Neumann, hatte dafür 50 Taler aus seinem Privatvermögen vorgestreckt, um das Gesellschaftsleben in schriftlicher Form nach außen zu tragen. Neumann begründete in seinem Vorwort zu Band 1 am 10. Dezember 1821 den Zweck der neuen Zeitschrift damit, dass man "theils den Mitgliedern der Oberl. Gesellschaft d. W. eine Gelegenheit darzubieten, ihre Kenntnisse und eingesammelten Erfahrungen gemeinnützig zu machen, da man nicht nur im Umgange sondern auch wohl in öffentlichen Blättern obgedachter Gesellschaft mehrmals den Vorwurf der Unthätigkeit gemacht hat; theils ein Repertorium gemeinnütziger, besonders historischer und auf die Lausitz Bezug nehmender Kenntnisse anzulegen, welches in der Folge der Geschichtsforscher noch als Quelle benutzen könnte." An dieser Zielsetzung hat sich bis heute im Grunde nichts geändert. Es war beabsichtigt, Aufsätze folgenden Inhalts anzunehmen:
- Aufsätze "historischen und antiquarischen Inhalts"
- Aufsätze "aus der Länder- und Völkerkunde und andere topographisch-statistische Nachrichten"
- Aufsätze und Nachrichten, "die Naturkunde, die Oekonomie und Gewerbekunde betr."
- "Abhandlungen und Vorschriften zur Gesundheitskunde und zum Medicinalwesen"
- "Abhandlungen aus der practischen Philosophie und Religionslehre"
- "Aufsätze zum Erziehungs- und Schulwesen"
- "Bekanntmachung neuer Erfindungen"
- "Biographien ausgezeichneter Lausitzer"
- "Literarische Anzeigen"
- "Geschichtliche Nachrichten zur Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften"
- "Miszellen"
Schon im zweiten Band konnte der Herausgeber feststellen, dass man an diesem Plan weiter festhalten wolle und dank der vielen positiven Reaktionen auch an das Fortbestehen glaubt, "obschon bisher nicht vielmehr, als die Kosten herausgekommen sind". Nach dem Tod Neumanns, 1831, übernahm Diakon Christian Adolph Pescheck aus Zittau die Redaktion, nachdem schon der letzte Band von Polizeirat Köhler - zu der Zeit noch nicht Mitglied der Gesellschaft - herausgegeben worden war. Seitdem die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften die Redaktion der Zeitschrift übernommen hat, lag die Herausgabe bis zur kriegsbedingten Einstellung 1944 in der Hand der Sekretäre. Zuletzt zeichnete Dr. Richard Jecht für die Herausgabe verantwortlich.
Mit dem 14. Band entschied man sich, die Reihe als "Neue Folge" zu deklarieren und mit Band 1 erneut zu beginnen, weil man sich in der Hauptversammlung 1835 dazu entschieden hatte, das NLM durch eine Kommission herauszugeben, der vier Ausschussmitglieder und der Sekretär angehörten. Die Redaktion hatte bereits im 13. Band angekündigt, das Magazin "nicht mehr blos unter Mitwirkung [der Gesellschaft], sondern unter der besonderen Leitung desselben erscheinen zu lassen". Außerdem entschied man sich, die Familiennachrichten wegzulassen, sonst änderte sich freilich an der inhaltlichen Ausrichtung nichts. Der erste Teil war der "Wissenschaft" vorbehalten, der zweite dem "Gesellschaftsleben". Das Magazin erschien in zwanglosen Heften zu 8 bis 10 Bögen mit Lithographien und Tabellen. Vier Hefte machten einen Band bzw. Jahrgang aus, welchem ein doppeltes Register beigegeben wurde. Die Mitglieder der Gesellschaft waren gemäß den Statuten von 1833 verpflichtet worden, das Magazin käuflich zu erwerben. Die Buchhandlung hatte den Auftrag, den aktuellen Mitgliedern, die die Bestellung des Magazins unterlassen hatten, ein Exemplar auf ihre Kosten gegen Einziehung des Subskriptionspreises zuzusenden. Auch entschied man sich aus Kostengründen, den Vertrieb weiterhin über eine Buchhandlung zu organisieren. An Honorare für die Autoren war freilich auch jetzt nicht zu denken. Zur Finanzierung konnten kostenpflichtig im Anhang Anzeigen geschaltet werden. Nach dem neunten Band neuer Folge wurde die Bezeichnung "Neue Folge" wieder fallen gelassen und die Bände wurden 1846 ab Band 23 mit der alten Zählung fortgesetzt.
Mit dem 37. Band fand 1860 ein Formatwechsel statt. Das Magazin wurde den üblichen Buchgrößen angepasst. Die Zeitschrift erschien von nun an jährlich in zwei Halbbänden. Dem 44. Band wurde als Anhang ein Verzeichnis der Handschriften und geschichtlichen Urkunden der Milichschen Bibliothek beigegeben. Seine Blütezeit erlebte das Magazin zweifellos in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die zahlreichen, oftmals bis heute grundlegenden Arbeiten von Prof. Hermann Knothe, Dr. Walter von Boetticher, Dr. Joachim Prochno oder Prof. Dr. Dr. Richard Jecht erschienen, namentlich angeführt seien an dieser Stelle als Beispiel nur die "Rechtsgeschichte der Oberlausitz" von Hermann Knothe (NLM 53) oder das Zittauer Urkundenbuch von Dr. Joachim Prochno (NLM 113/114). Einige dieser monographischen Arbeiten erschienen auch als Separatdrucke. Sämtliche in dieser Zeit erschienenen Beiträge unterlagen der strengen kritischen Kontrolle von Richard Jecht, welcher nur Abhandlungen mit genauen Quellennachweisungen annahm. Autoren wurden durch ihn zuweilen auch auf andere Publikationsmöglichkeiten verwiesen.
Im Band 76 von 1900 fand erstmals ein Gesamtverzeichnis aller bisher erschienenen Beiträge Platz. Es wurde von Dr. Walter von Boetticher in vier Kategorien (Sach- und Autorenregister, Register der Nekrologe und biographischen Notizen und ein Verzeichnis der besprochenen Schriften) erstellt. Weitere Verzeichnisse folgten in den Bänden 86 und 102. Während die Bände bis 1860 vereinzelt Register enthielten, wurde erst seit dem Band 76 wieder versucht, jedem Band ein Orts- und ein Personenregister beizugeben.
Das Erscheinen der Reihe konnte bis 1914 kontinuierlich fortgesetzt werden. Während des Ersten Weltkrieges und auch in den Nachkriegsjahren mussten die Bände wegen der stark gestiegenen Kosten erheblich im Umfang reduziert werden. Nach einer kurzen Erholung der finanziellen Situation in den 1920er und 1930er Jahren kam die Herausgabe während des Zweiten Weltkriegs 1941 gänzlich zum Erliegen. Von den Bänden 118 und 119 haben sich lediglich die Druckfahnen bzw. die Probeabzüge erhalten; die Bände selbst sind jedoch nicht mehr gedruckt worden. Mit Auflösung der Gesellschaft wurde 1945 auch das Erscheinen des Neuen Lausitzischen Magazins offiziell eingestellt.
Zwischen 1960 und 1991 wurden maßgeblich auf Initiative von Ernst-Heinz Lemper mehrere Publikationen oftmals im Rahmen der "Schriftenreihe des Ratsarchivs Görlitz" veröffentlicht, die an das reiche Erbe der OLGdW erinnerten.
Nach der Wiedergründung der Gesellschaft 1990 erscheint seit 1998 wieder das Neue Lausitzische Magazin, zunächst mit dem Titelzusatz Neue Folge. Damit wird sich bewusst in die lange Tradition der stattlichen Reihe von 119 Bänden gestellt. Die OLGdW ist dabei besonders der Aufarbeitung der Geschichte und Kultur sowie auch der aktuellen Ereignisse der gesamten Oberlausitz und der angrenzenden Regionen verpflichtet. Neben längeren, zumeist geschichtswissenschaftlichen Abhandlungen bereichern Miszellen, Buchbesprechungen und nicht zuletzt Nachrichten aus dem Gesellschaftsleben jeden Band. Mittlerweile hat sich das Neue Lausitzische Magazin wieder seinen festen Platz im Reigen der regionalen geschichtswissenschaftlichen Publikationen erobert und zählt hier zu den hervorragendsten Zeitschriften.