Bericht zur Herbsttagung 2002 "1000 Jahre Bautzen, Hauptstadt der Oberlausitz" vom 11. bis 13. Oktober 2002 in Bautzen

Von Martin Schmidt

Die Herbsttagung war der 1.000-jährigen Ersterwähnung Bautzens gewidmet. Die Themenwahl erwies sich als die richtige, es nahmen an den zwei Vortragstagen mehr als 80 Personen teil, darunter fast 20 % Lehrer aus der Oberlausitz, die gemeinsam mit dem Regionalschulamt Bautzen eingeladen worden waren.

Den Eröffnungsvortrag "Bautzen als Mittelpunkt der christlichen Mission und der Kirchenorganisation in der Oberlausitz" hielt Präsident Professor Dr. Karlheinz Blaschke. Er löste eine sehr intensive Diskussion aus, an der sich alle Teilnehmer aktiv beteiligten. Dies war um so interessanter, da alle Referenten während der gesamten Tagung anwesend waren, und sich allein aus dieser Tatsache, verstärkt dadurch, daß die auswärtigen Gäste alle gemeinsam im Bischof-Benno-Haus Schmochtitz, einem Vorort Bautzens, wohnen konnten, ein fortgesetzter kontinuierlicher Gedankenaustausch anbot, der auch reichlich genutzt wurde.

Am Sonnabend versammelte sich die Gesellschaft im historischen Stucksaal der Ortenburg Bautzen, um zehn Vorträge zu hören und zu diskutieren. Sie boten einen Einblick in neueste Forschungs- und Ausgrabungsergebnisse, die u.a. zur Besiedlung der Hauptstadt der Oberlausitz völlig neue Erkenntnisse darboten. Dies geschah vor allem durch die Grabungen, die Dr. Joachim Meffert vor zwei Jahren geleitet hatte und aus denen eine slawische Besiedlung auf der Ortenburg in der Frühzeit nicht erkennbar war. Ähnlichen Gedanken folgte anhand vorliegender und bekannt gewordener Dokumente Professor Dr. Dieter Hägermann, Bremen, was der Direktor des sorbischen Institutes, Professor Dr. Dieter Scholze, mit Blick auf bisher vorliegende Ergebnisse bestätigte. Er führte die Gedanken dann jedoch in den Abschnitt der neuzeitlichen Geschichte, in dem Sorabistik und sorbische Philologie im Zuge der Aufklärung erst begründet und seither wissenschaftlich betrieben werden. Einen größeren Rahmen nahm die Geschichte der Reformation im Bautzener Land und damit korrespondierend die Entstehung und Geschichte des Simultaneums an der Bautzener Domkirche St. Petri ein. Zu ersterem hatte Pfarrer Dietmar Neß, Groß Särchen, den Stand der Geschichtsschreibung dargestellt, Dr. Siegfried Seifert machte mit Höhen und Tiefen, mit Verständigungswillen und Mißachtung von religiöser Toleranz bekannt, die zu einer von beiden Konfessionen gemeinsame genutzten Domkirche führte.

Diesem Gedankengang schloß sich der Bericht von Dr. Uwe Koch, Potsdam, zum Sohn der Stadt, dem Humanisten Caspar Peucer an. Der Vortrag machte mit den Bewegungen und Gegenbewegungen der Reformation in einem sehr eindringlichen und bisher in dem Umfang nicht bekannten Maß vertraut. Er verlockte zielstrebig zum Besuch der derzeit in Bautzen gezeigten Ausstellung zu Leben und Werk des Schwiegersohnes des Reformators Philipp Melanchthon.

Wurde mit diesem Beitrag bereits in die Geschichte Sachsens und dessen Rolle in der Reformation und danach eingeführt, so ergänzte sich dieser Vortrag sehr gut mit den Darlegungen von Herrn Professor Dr. Bernhard von Gersdorff, Berlin, der die Rolle des Adels im Geistesleben der Oberlausitz analysierte und erstaunliche Beispiele dazu vorstellte. Dies reichte von der berühmten Gersdorffschen Graphiksammlung, bis zu den Parkanlagen, die geschaffen wurden, von Dichtern aus Adelsgeschlechtern bis zu den Vertretern, die naturwissenschaftliche Forschungen und technisch-ökonomischen Fortschritt in der Land- und Forstwirtschaft der Oberlausitz förderten.

Die Bedeutung Bautzens als Zentrum der Kunstförderung im Barock, stellte Marius Winzeler anhand mehrerer Künstler vor, die im Auftrag der Äbtissinnen des Klosters Marienstern im Barock tätig gewesen waren. Besonders zahlreich war daran der Anteil sorbischer Künstler, vor allem Bildhauer und Kunsthandwerker, deren Werke heute z.T. noch in Sammlungen bewundert werden können. Den Abschluß dieser Vortragsreihen bildete ein Beitrag von Pfarrer Johannes Malink, der die Wahlen, das Wahlverhalten und die Wahlkämpfe in der Oberlausitz von 1881-1918 untersucht hatte. Die Ergebnisse waren erstaunlich, zumal sie die konservative Ausrichtung der ländlichen Bevölkerung dieser Region eindrücklich belegten.

Am Abend bot das Pezelius-Ensemble Bautzen ein Programm "Über die Liebe und andere Leidenschaften", mit dem die Künstler vor allem Texte und Musik von Komponisten und Dichtern der Oberlausitz vorstellten. Am Sonntagmorgen zeigte sich die Oberlausitz überraschend im weißen Gewand des Schnees, so daß einige der Gäste mit weiten Reisewegen sich zum Heimweg gezwungen sahen. Die Unentwegten besuchten dennoch in Bautzen die Peucer-Ausstellung, machten einen Stadtrundgang, besuchten die Gedenkstätte Bautzen II, das Stasigefängnis, und ließen sich von Dr. G. Seifert die Schätze seiner Bischöflichen Kunstsammlung nahebringen. Allen Gesprächspartnern und Vortragenden wurde von allen Teilnehmern Lob und Dank gespendet. Die Hauptstadt der Oberlausitz, Bautzen, erwies sich als kulturell und historisch sehr anregend, verlockte durch ihr wiedergewonnenes Aussehen zu weiteren Besuchen. Schließlich wurde 1990 auf der Ortenburg unsere Gesellschaft wiedergegründet. Sie war also an ihren zweiten Ursprung zurückgekehrt.