Satzung der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz vom 5. April 1934

Titel I

Vom Zweck der Gesellschaft

 

§ 1

 

Der Zweck der am 21. April 1779 gestifteten. landesherrlich privilegierten Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz (Korporation) ist im allgemeinen: Pflege der Wissenschaften, sowie Anregung und Förderung wissenschaftlichen Lebens und Strebens, im besonderen: Erforschung und Bearbeitung der Geschichte, Altertümer und Landeskunde der Oberlausitz.

 

Titel II

Von den Mitgliedern, ihren Rechten und Pflichten

 

§ 2

 

Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerordentlichen und Ehrenmitgliedern.

 

§ 3

 

Jeder ehrbare, wissenschaftlich gebildete, geschäftsfähige Mann arischer Abstimmung, von dem sich die Förderung des Gesellschaftszweckes erwarten läßt, ist befähigt, Mitglied zu sein. Die Aufnahme als ordentliches oder außerordentliches Mitglied ist schriftlich nachzusuchen. Über die Aufnahme entscheidet der Präsident nach Gehör des Ausschusses. Eine Begründung der getroffenen Entscheidung hat zu unterbleiben.

 

§ 4

 

Die ordentlichen Mitglieder bilden die Korporation und haben gleiche Rechte und Pflichten. Sie sind verbunden, alle Ämter der Gesellschaft, mit Ausnahme der mit Aufwandsentschädigung ausgestatteten, anzunehmen. Alle in der Oberlausitz, preußischen und sächsischen Anteils Wohnenden, können nur die Aufnahme als ordentliche Mitglieder beantragen.

 

§ 5

 

Die außerordentlichen Mitglieder haben keinen Anteil am Gesellschafts-Eigentum und Eigentumsrechten. Sie haben bei den Versammlungen nur eine beratende Stimme. Die Benutzung aller wissenschaftlichen Sammlungen und Einrichtungen steht ihnen gleich den ordentlichen Mitgliedern zu. Auf ihren Antrag müssen sie in die Korporation der ordentlichen Mitglieder aufgenommen werden.

 

§ 6

 

Zu Ehrenmitgliedern erwählt die Gesellschaft um Wissenschaft und Volksbildung oder um die Gesellschaft verdiente Männer. Diese sind von Zahlung der Beiträge und auf ihren Wunsch von der Verbindlichkeit, Ämter zu übernehmen, befreit. Dagegen genießen sie alle Rechte ordentlicher Mitglieder.

 

§ 7

 

Die ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder zahlen vom Aufnahmejahr ab Jah-resbeiträge. deren Höhe von der Hauptversammlung festgesetzt wird. Die Beiträge sind alsbald nach dem Eintritt, im übrigen aber bis zum 15. Februar jeden Jahres auf das Postscheckkonto der Gesellschaft oder auf der vom Präsidenten zu bestimmenden Bank einzuzahlen. Die ordentlichen Mitglieder haben außerdem bei ihrer Aufnahme noch ein Eintrittsgeld zu entrichten, dessen Höhe ebenfalls von der Hauptversammlung festgesetzt wird.

 

§ 8

 

Es geht seiner Mitgliedschaft verlustig:

a) Wer trotz dreimaliger Aufforderung seinen Obliegenheiten gegen die Gesellschaft nicht nachgekommen ist.

b) Wer in Konkurs gerät.

c)  Bei wem ein Umstand Eintritt, der nach § 3 seine Aufnahme unmöglich gemacht hätte.

d) Wer mit einer Nichtarierin sich verheiratet.

In allen diesen Fällen erlischt die Mitgliedschaft mit der Feststellung des Präsidenten.

 

§ 9

 

Scheidet ein Mitglied durch Tod oder aus anderen Gründen aus, so hören seine Rechte auf das Gesellschaftsvermögen auf.

 

Titel III

Von dem Präsidenten

 

§ 10

 

An der Spitze der Gesellschaft steht der Präsident, in seiner Vertretung der Vizepräsident.

 

§ 11

 

Der Präsident wird vom Ausschuß auf fünf Jahre gewählt und ist nach Ablauf seiner Amtszeit wieder wählbar. Der Präsident leitet die Gesellschaft. sorgt für die Beobachtung der Satzung und ernennt nach Gehör des Ausschusses den Vizepräsidenten, die Beamten, die Kassenkuratoren. die Inspektoren der Sammlung. den Kustos sowie die Repräsentanten. Er überwacht die Geschäftsführung der Beamten und Inspektoren und führt in allen Versammlungen den Vorsitz. Der Präsident vertritt die Gesellschaft nach innen und außen. Vom Präsidenten wird ein Jahresbeitrag nicht erhoben.

 

§ 12

 

Der Vizepräsident. der in Görlitz seinen Wohnsitz haben muß, ist der ständige Stellvertreter des Präsidenten. Er wird vom Präsidenten auf 3 Jahre ernannt. Seine Amtszeit kann vom Präsidenten wiederum um 3 Jahre verlängert werden. Es stehen dem Vizepräsidenten bei Verhinderung des Präsidenten alle diesem vorbehaltenen Rechte zu. Er zahlt keinen Jahresbeitrag. Im Falle der Abwesenheit beider übernimmt dasjenige Mitglied die Leitung der Geschäfte, dem sie von dem Präsidenten bzw. dem Vizepräsidenten übertragen worden ist. Hat keine Anordnung dieser Art getroffen werden können, so übernimmt das an Jahren älteste Mitglied der Gesellschaft aus der Zahl der Repräsentanten die Stellvertretung.

 

Titel IV

Von den Beamten. den Inspektoren und dem Kustos

 

§ 13

 

Beamte sind: der Sekretär, der Bibliothekar, der Kassierer und der Inspektor des Hauses. Sie werden vom Präsidenten auf 3 Jahre ernannt. Ihre Amtszeit kann vom Präsidenten wiederum um 3 Jahre verlängert werden. Die Beamten und Inspektoren sind von der Leistung der Jahresbeiträge befreit.

 

§ 14

 

Der Sekretär erhält aus der Gesellschaftskasse eine Aufwandsentschädigung, ist der wissenschaftliche Geschäftsführer der Gesellschaft, hat das Registratur-, das Kanzlei- und das gesamte Schreibwesen zu besorgen, führt in allen Versammlungen das Protokoll. redigiert die Gesellschaftszeitschriften und besorgt den Druck, hat auch die Geschichte der Gesellschaft zu schreiben und solche berichtsweise in der Hauptversammlung vorzutragen. Er hat das Archiv der Gesellschaft unter sich und die Verwahrung der Vorräte an Verlagswerken.

 

§ 15

 

Der Bibliothekar erhält ebenfalls eine Aufwandsentschädigung. Ihm liegt die Beaufsichtigung der Sammlung an Büchern, Handschriften und Landkarten ob, soweit sie nicht im Archiv verwahrt werden. Er hat die Kataloge darüber ordnungsgemäß zu führen, das Ausleihungsgeschäft entsprechend den Anordnungen des Präsidenten zu besorgen und auf zweckmäßige Vermehrung der Bibliothek Bedacht zu nehmen.

 

§ 16

 

Der Kassierer verwaltet die Gesellschaftskasse und erhält dafür eine Aufwandsentschädigung. Er empfängt alle Einnahmen und besorgt die laufenden Ausgaben. Er hat alljährlich der Hauptversammlung Rechnung zu legen. Zu allen nicht fixierten Einnahmen und Ausgaben bedarf er der Unterschrift des Präsidenten. Die Wertpapiere und Dokumente hat er mit 2 Kassenkuratoren, die der Präsident aus der Zahl der Repräsentanten ernennt, vorschriftsmäßig zu verwahren. Größere Barbestände hat er zinstragend anzulegen.

 

§ 17

 

Der Inspektor des Hauses hat die der Gesellschaft gehörenden Häuser nebst Zubehör in baulicher, polizeilicher und wirtschaftlicher Weise zu beaufsichtigen und für ihre möglichst vorteilhafte Nutzung zu sorgen.

 

§ 18

 

Zur Beaufsichtigung der Sammlung ernennt der Präsident die erforderlichen Inspektoren. Sie sind nicht zu den eigentlichen Beamten zu rechnen und daher fähig, zugleich Repräsentanten zu sein. Sie haben die Inventarien ihrer Sammlung in Ordnung zu halten und alljährlich über ihren Zustand der Hauptversammlung zu berichten. Wo nöti2, erhalten sie von der Gesellschaft die Mittel zur technischen Hilfeleistung für die Erhaltung der Sammlung.

 

§ 19

 

Der besoldete Kustos hat die Aufwartung in der Bibliothek und den sonstigen Sammlungen, ebenso bei allen Versammlungen. Er besorgt den Kanzlei- und Botendienst innerhalb der Stadt und führt die Unteraufsicht über das Haus unter der Leitung des Inspektors.

 

Titel V

Vom Ausschuß

 

§ 20

 

Der Ausschuß besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten, den 4 Beamten und 12 Repräsentanten. Von letzteren müssen 2 in der sächsischen Oberlausitz, die übrigen in Görlitz oder seiner Umgebung wohnhaft sein.

 

§ 21

 

Die Repräsentanten werden vom Präsidenten auf 3 Jahre ernannt. Alljährlich scheidet ein Drittel aus. Die Ausscheidenden können wieder ernannt werden.

 

§ 22

 

Der Ausschuß hat den Präsidenten zu wählen, ihn zu beraten und die Beschlüsse der Hauptversammlung vorzubereiten.

 

§ 23

 

Der Ausschuß versammelt sich, so oft es nötig ist, auf Anordnung des Präsidenten, der zu dieser verpflichtet ist. wenn 3 Ausschußmitglieder darauf antragen. Beschlüsse werden durch einfache Stimmenmehrheit herbeigeführt; im Falle der Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende.

 

Titel VI

Von der Hauptversammlung

 

§ 24

 

Alljährlich ist mindestens eine Hauptversammlung abzuhalten. Neben Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten soll dabei jedesmal wenigstens ein wissenschaftlicher Vortrag gehalten werden. Die Hauptversammlung hat die Höhe der Jahresbeiträge und Eintrittsgelder festzusetzen. die Jahresrechnung richtig zu sprechen. den Haushaltsplan zu genehmigen, etwa erforderliche Satzungsänderungen vorzunehmen und gegebenenfalls über die Auflösung der Gesellschaft Beschluß zu fassen.

 

§ 25

 

Die Einberufung einer jeden Hauptversammlung. die vom Sekretär zu vollziehen ist, erfolgt gültig durch eine die Tagungsordnung enthaltende Einladung, deren Form der Präsident nach Gehör des Ausschusses festsetzt. Die in den vorschriftsmäßig einberufenen Hauptversammlungen erscheinenden Mitglieder verpflichten die abwesenden durch ihre nach Stimmenmehrheit zu fassenden Beschlüsse. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende, Bevollmächtigung anderer Mitglieder oder briefliche Abstimmung sind unzulässig.

 

Titel VII

Vom wissenschaftlichen Betrieb

 

§ 26

 

Die Gesellschaft gibt eine Zeitschrift und in besonderen Fällen Einzelschriften heraus; den Inhalt bestimmt der Sekretär, der auch die übrigen Redaktionsgeschäfte zu besorgen hat. Jedes Mitglied hat Anspruch auf 1 Freiexemplar der laufenden Zeitschrift.

 

Titel VIII

Zusatzbestimmung

 

§ 27

 

Nach dem Willen der Stifter fallen das gesellschaftliche Archiv, die Bibliothek und die übrigen Sammlungen an die Milichsche Bibliothek zu Görlitz, wenn die Gesellschaft sich auflösen oder bis auf 3 Mitglieder vermindern sollte.

 

Görlitz, den 5. April 1934        gez. v. Nostitz-Wallwitz

                                               Präsident

 

Genehmigt.

Breslau. den 11. Juni 1934 (Siegel)

Der Oberpräsident der Provinzen Ober- und Niederschlesien. J. A. Westram