Hermann-Knothe-Preis 2012

Vierter Preisträger des von der Gesellschaft ausgeschriebenen Wissenschaftspreises zu Ehren des Landeshistorikers Hermann Knothe wurde 2013 der in Daubitz geborene Jan Bergmann mit seinem Aufsatz „Ein wohltätiger Eigenbrötler - Konzept und Entstehungsgeschichte des Stifts Joachimstein im Kontext der Biographie des Stifters Joachim Siegismund von Ziegler und Klipphausen und seiner Stiftsstatuten".

Das Stift Joachimstein in Radmeritz auf dem östlichen Ufer der Neiße gehört zweifelsohne zu den bedeutendsten barocken Schlossanlagen der Oberlausitz. Als Gesamtensemble entworfen und im Laufe mehrerer Jahre tatsächlich auch entsprechend den ursprünglichen Entwürfen baulich umgesetzt, zeugte es mehr als 200 Jahre lang von den steingewordenen architektonischen Vorstellungen seines Erbauers. Noch heute, nach vielen Jahrzehnten des Verfalls und der teilweise erfolgten Rekonstruktion spürt man noch immer die Kraft und die Inspiration, die dieser Ort verströmt. Das Besondere dieser Anlage weckte daher schon früh das Interesse der Kunsthistoriker und Bauforscher, so dass Erbauung und kunsthistorische Einordnung inzwischen sehr gut dokumentiert und publiziert sind. Anders jedoch verhält es sich mit dem ideellen Gedankenkonstrukt, das hinter der Erbauung dieses Ensembles steht. Bauherr Joachim Sigismund von Ziegler und Klipphausen errichtete sich hier keinen Ort adliger Repräsentation und barocker Zierde zum Selbstzweck, sondern schuf mit dem von ihm 1722 gegründeten weltadligen Fräuleinstift ein Refugium für unverheiratete Frauen seines Standes. Gerade nach dem 30-jährigen Krieg gerieten viele Oberlausitzer Adelsfamilien zunehmend in wirtschaftliche Not und konnten dadurch ihren Kindern nicht die übliche Bildung und Erziehung angedeihen lassen. In diese Lücke stieß Joachim Sigismund mit seiner Stiftung. Damit betrat von Ziegler nicht nur in der Oberlausitz, sondern in ganz Sachsen kulturelles Neuland. Genau an dieser Stelle setzte die Arbeit des Preisträgers ein. Ausgehend von der kulturellen Prägung der Familie des Stifters analysierte Jan Bergmann das geistige Umfeld und die wirtschaftliche Basis, die schließlich in der Gründung des Fräuleinstifts mündeten.

Durch Auswertung der vom Stifter selbst verfassten Statuten gelang dem Autor ein umfassender Einblick in die kultur- und geistesgeschichtliche Lebenswelt eines Oberlausitzer Adligen des frühen 18. Jahrhunderts, die weit über eine Einzelstudie hinausragt. Seine Arbeiten werfen durch unterschiedliche Sichtweisen interessante Schlaglichter auf mehrere Angehörige dieser für die Geschichte der Oberlausitz so bedeutsamen Familie. Besonders wertvoll dabei ist, dass Jan Bergmann, wie auch in seiner eingereichten Preisschrift, stets bemüht ist, aus der archivalischen Überlieferung zu schöpfen und damit der Forschung neues Material zu erschließen. Ein Fakt, der heute leider nicht mehr als Allgemeingut gehandelt wird. Das dafür notwendige wissenschaftliche Handwerkszeug erwarb sich der heutige Preisträger im Laufe seines Studiums an der Technischen Universität Dresden, wo er sich 2008 einschrieb und im Sommersemester 2011 den Bachelorgrad erwarb. Im Anschluss setzte er sein Studium fort und strebt nun im Wintersemester 2013/14 den Abschluss als Master of Arts an.

Herr Bergmann wurde in Daubitz, einem Ort in der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft im Jahr 1987 geboren. Nach dem Besuch der Mittelschule in Rietschen wechselte er auf das Gymnasium in Rothenburg und legte jedoch nach Schließung dieser Schule im Jahr 2007 das Abitur in Niesky ab. Nach Zivildienst und wissenschaftlichem Praktikum am Institut für Personengeschichte Bensheim begann er sein Studium in Dresden.

Die Übergabe des Preises erfolgte am 22. April 2013 im Rahmen der Frühjahrstagung durch den Präsidenten der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, Dr. Steffen Menzel, und dem Oberbürgermeister der Stadt Görlitz, Herr Deinege.