Von der Gründung bis zum Ende des 18. Jahrhunderts

1779

Der aus Lauban stammende Jurist Karl Gottlob Anton (1751-1818) schlägt in einem Brief vom 4. März 1779 dem Gutsherrn und naturforschenden Ökonomen Adolf Traugott von Gersdorf (1744-1807) in Wigandsthal-Meffersdorf die Idee zur Gründung einer wissenschaftlichen Gesellschaft für die Oberlausitz vor. Dieser sichert seine Mitwirkung zu.

Das Vorhaben wird rasch vorangetrieben, so dass bereits am 21. April 1779 die "Oberlausitzische Gesellschaft zur Beförderung der Natur- und Geschichtskunde" gegründet wird. Zu den 20 ersten Mitgliedern gehören unter anderem der Königliche Hofrat und Bürgermeister von Görlitz Samuel August Sohr (1751-1838), der Görlitzer Gymnasialdirektor Johann Friedrich Neumann (1737-1802), der Geschichtsforscher Johann Hortzschansky (1722-1799), der Kirchenhistoriker Karl Gottlob Dietmann (1721-1804), der Gutsbesitzer, Numismatiker, Archäologe und Künstler Karl Adolph von Schachmann auf Königshain (1725-1789), der durch seine Kenntnisse der Oberlausitzer Rechtsgeschichte ausgewiesene Christian Gottfried Meißner (1739-1811), der Geschichtsschreiber des Queißkreises Pastor Johann Ehrenfried Frietzsche (1726-1793) und der Historiker Jakob Gottlieb Kloß (1730-1789). Um die Vielfalt der individuellen Interessen auch im Namen der Gesellschaft besser zum Ausdruck zu bringen, einigt man sich im Herbst auf die Umbenennung in "Gesellschaft der Wissenschaften in der Oberlausitz". Die heute übliche Bezeichnung "Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften" lässt sich seit 1792 nachweisen, ist aber erst ab 1815 allgemein gebräuchlich. Nebenher gab es bis 1803 die Bezeichnung "Privatgesellschaft". Von 1803 bis zum Ende des Alten Reiches (1806) hieß die Vereinigung "Kurfürstlich Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften"

Das Siegel der Gesellschaft konzipierte zeitnah Karl Adolph von Schachmann. Es zeigt einen blühenden Orangenzweig mit zwei Früchten sowie einer Umschrift: "Soc: Lusatiae sup:" und der Unterschrift: "in uno".

 

1779 - 1811

Karl Gottlob Anton hat das Amt des Sekretärs sowie das Bibliotheks- und Kassiereramt der "Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften" inne. Der Versammlungsort der Gesellschaft ist bis 1792 das Haus von Anton auf der Langestraße 49 oder der Gasthof "Zum Hirsch".

1780

Das zunächst vakante Präsidium führt seit diesem Jahr Georg Alexander Heinrich Hermann Reichsgraf von Callenberg (1744-1795), Standesherr auf Muskau. Obwohl auf die Gleichheit von Adel und Bürgertum bei der Mitgliedschaft in der Gesellschaft geachtet wird, bleibt das Amt des Präsidenten stets hohen Staatsbeamten aus dem Adel der Oberlausitz vorbehalten. Callenberg bringt die Idee akademischer Preisausschreiben in die noch junge Gesellschaft ein. So setzt er zehn Dukaten als Preisgeld aus für die Beantwortung der Frage: "Worinnen bestehen die hauptsächlichen Mängel der Erziehung des Landvolkes in der Oberlausitz? Und wie können dieselben, wie kann die Erziehung ohne Anlegung neuer kostbarer Anstalten durch Beispiel und Mitwirken der Eltern, Beschäftigung der Jugend, Bemühungen der Schulmeister, Teilnehmung der Pfarrer und Einfluss der Obrigkeit reformiert werden?"

1781

Preisträger der Gesellschaft wird der Görlitzer Senator und spätere Bürgermeister Samuel August Sohr (1751-1838). Sein Konkurrent Nathanael Gottfried Leske wird gleichfalls mit einem Preis ausgezeichnet.

1782/83

Die "Provinzialblätter" werden herausgegeben. U.a. wird dort die von Nathanael Gottfried Leske 1781 eingereichte Abhandlung abgedruckt. Namhafte Beiträge finden sich auch von Karl Gottlob Anton, Michael Conradi (Kamenz), Adolf Traugott von Gersdorf, Johann Gotthelf Herzog (Zittau), Johann Hortzschansky, Jakob Gottlieb Kloß und Georg Christoph Lichtenberg (Göttingen). Mangels Absatz muss die Publikation der "Provinzialblätter" 1783 jedoch eingestellt werden. Die Gesellschaft besteht 1783 aus 52 Mitgliedern, von denen 13 in Görlitz wohnen.

1789

Zahlreiche Gründungsmitglieder der Gesellschaft sind mittlerweile verstorben. Die Arbeit der Gesellschaft ist zunehmend zum Erliegen gekommen, Bibliotheken und Sammlungen werden zerstreut. Auch Adolf Traugott von Gersdorf zieht sich auf seine Erbgüter nach Meffersdorf bei Görlitz zurück, wo er sich ein großes Schloss mit Bibliothek, Sammlungsräumen für Mineralogie, Botanik und Zoologie sowie einem physikalischen Kabinett eingerichtet hat.

1790

Die regulären Frühjahrs- und Herbsttagungen werden wieder aufgenommen. Um die Gesellschaft neu zu beleben und möglichst viele Mitglieder zu aktivieren, soll eine Topografie der Oberlausitz als Gemeinschaftswerk der Gesellschaft ins Leben gerufen werden. Über 50 Mitglieder werden daran beteiligt. Zwar kursieren bald Einzelabhandlungen unter den Mitgliedern, aber bis 1797 gelangt man ansonsten zu keinem greifbaren Ergebnis. Man beschließt, eine gesellschaftseigene Bibliothek anzulegen, und verknüpft damit die Beitrittsbedingung, dass jedes Mitglied jährlich zur Schenkung eines Buches im Wert von einem Dukaten oder zur Einreichung einer selbstständigen Abhandlung verpflichtet ist oder den Beitrag in Bargeld bezahlt. Auch erbittet man naturkundliche Präparate sowie historische oder prähistorische Altertümer.

1791

Die "Gesellschaft der Wissenschaften der Oberlausitz" hat 57 Mitglieder, von denen 39 aus der Oberlausitz (davon 16 aus Görlitz) stammen. Die Bibliothek umfasst einen Bestand von 424 geschenkten oder angekauften Bänden.

1792

Die "Lausitzische Monatsschrift" erscheint. Ab 1800 in "Neue Lausitzische Monatsschrift" umbenannt, muss sie schon 1806 aufgrund der widrigen Zeitumstände eingestellt werden. Der Gesellschaft wird das zweite Obergeschoss im ehemaligen Görlitzer Börsengebäude am Untermarkt 16 mietweise zur Verfügung gestellt. Hier befinden sich eine der Stadt testamentarisch vermachte Bibliothek und eine Kupferstichsammlung, die die Bestrebungen der Gesellschaft ergänzen. Ein Ansatz zur Spezialisierung zeigt sich mit der Einteilung der Gesellschaft in "Deputationen", die sich jeweils mit unterschiedlichen Fachfragen zu befassen haben, wobei jeder Deputation ein eigener Leiter vorsteht und eine eigene Sammlung zugeordnet ist. Außerdem werden in diesem Jahr neue Statuten verabschiedet. Ein von den Mitgliedern gewählter Vorstand, "Komitee" genannt, von anfangs acht, ab 1800 von zehn Mitgliedern fasst unter dem Vorsitz eines vom Präsidenten zu bestimmenden Direktors (ab 1800 Vizepräsident) die Beschlüsse und sorgt für ihre Ausführung. Die laufenden Geschäfte besorgt der Sekretär der Gesellschaft, als der Anton seit 1779 fungiert. Jährlich finden zwei Hauptversammlungen statt, und jedes Mitglied verpflichtet sich zu einer Abhandlung oder schenkt jährlich ein Buch im Wert eines Dukatens.

1793

Eine der Arbeitsgruppen, die sog. Urkundendeputation, beginnt mit der Erfassung aller die Oberlausitz betreffenden Urkunden in Abschriften und Regesten. Bereits 1798 sind alle Urkunden zur Geschichte der Oberlausitz von den Anfängen bis zum Anschluss an Sachsen erfasst. Diese umfangreichen Vorarbeiten fließen in das ab 1851 erscheinende Urkundenwerk "Codex diplomaticus Lusatiae superioris" ein. Trotz ungünstiger Erfahrungen setzt die Gesellschaft ihre Preisfragen fort. 1793 lautet die Frage: "Wie ist die Abneigung der Landbevölkerung gegen den Soldatenstand zu verbessern?"

1795

Das Präsidium wird nach dem Tod Graf von Callenbergs (1744-1795) vom Merseburger Domherr Gottlob Adolf Ernst von Nostitz und Jänckendorf auf Oppach (1765-1836) weitergeführt. Christian August Struves (1744-1807) "Noth- und Hilfstafel für Ertrunkene, Erfrorene und Erhenkte" wird auf Kosten der Gesellschaft ins Sorbische übersetzt und an Bedürftige verteilt. Hierin zeigt sich die gemeinnützige Zielsetzung der Gesellschaft.

1796

Die Anzahl der Mitglieder der Gesellschaft wächst auf 58 Oberlausitzer und 31 Auswärtige. Drei Jahre später zählt man bereits 74 einheimische und 45 auswärtige Mitglieder. Vor allem Sprachwissenschaftler aus den österreichischen Ländern zählen zu den Letztgenannten. Gleichzeitig steigt die Zahl der eingereichten Abhandlungen bis 1796 auf etwa 300.

1797

Eine Deputation arbeitet ab 1797 an der Erfassung von Ortschroniken der Oberlausitz. Das Vorhaben scheitert an der mangelnden Mitwirkungsbereitschaft von Gutsherren und Gemeinden. Zu den positiven Ergebnissen gehört die von Christian Samuel Schmidt (1756-1792) fertig gestellte "Beschreibung von Königshain". Für den besten Vorschlag zu einer Vieh- und Wetterschadenversicherung werden 30 Taler Preisgeld ausgesetzt, 20 Taler werden für die Erfindung einer Maschine, die Kalk für die Felddüngung zermahlt, in Aussicht gestellt. Die Bibliothek umfasst 1332 Bände.

1798

Die Gesellschaft erwirbt die Königswarther Altertümer nebst den Abhandlungen für 200 Taler. Darüber hinaus kauft man die "Genealogischen Nachrichten von Oberlausitzer adeligen Familien" von Jakob Gottlieb Kloß (1730-1789). Die Schrift "Anzeige der nothwendigsten Verhaltensmaßregeln bey nahenden Gewittern" wird von der Gesellschaft herausgegeben.