Bericht zur Herbsttagung vom 8. und 9. November 2013 in Bautzen

von Jan Bergmann, Dresden

Die Wiederauffindung und spätere Rückkehr nach Bautzen, die Restaurierung und Nutzbarmachung einer der umfangreichsten Chroniken der Oberlausitz war für die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften e.V. Anlass, ihre internationale Herbsttagung 2013 dem Thema Stadtchronistik zu widmen. Dazu hatte sie gemeinsam mit dem Archivverbund Bautzen für den 8. und 9. November 2013 international renommierte Stadtchronistikforscher nach Bautzen eingeladen, um unter vergleichender Perspektive aktuelle Fragestellungen und Probleme zu diskutieren. Dass ein derartiges, vermeintlich abseitiges Thema auf außerordentliches Interesse stößt, bewies die bis zum Schlussreferat sehr große Resonanz mit teilweise an die 100 Zuhörern in den großzügig ausgestatteten Tagungsräumlichkeiten der Volksbank Bautzen, die die gesamte Konferenz vorzüglich umsorgte.

Nachdem der Präsident der OLGdW, Dr. Steffen Menzel, die Tagung eröffnete, führte der Vizepräsident, Dr. Lars-Arne Dannenberg, inhaltlich in die Tagung ein. Er warf die Frage auf, inwieweit der Begriff „Städtelandschaften“ als analytische Basis einer vergleichenden Stadtchronistikforschung trägt, oder ob nicht vielmehr gemeinsam veranschlagt wird, was eigentlich nicht zusammengehört. Beide Wortbestandteile durchliefen jeweils einen ästhetischen und einen historischen semantischen Diskurs, der es am Ende erlaubte, die Folie „Städtelandschaften“ als Konzept zu nutzen, wenngleich sich diese in den hier betrachteten Ländern als höchst different offenbaren. Trotz oder gerade aufgrund der Unterschiede schien der Vergleich reizvoll und lohnenswert, wie sich dann auch an den folgenden Referaten offenbarte.

Grit Richter-Laugwitz, Leiterin des Archivverbundes Bautzen, erläuterte einführend den Weg der sog. Techell-Chronik, die in gewisser Weise spiritus rector der Veranstaltung war. Der Kupferschmied Karl Friedrich Techell (1759-1846) begann im Jahr 1818 mit der Abfassung einer Chronik seiner Stadt, die bis zum Jahr 1844 auf 14 Bände anwachsen sollte. Testamentarisch hatte er die Chronik der Stadtbibliothek vermacht, doch war es offensichtlich nie zu einer Übergabe gekommen. Als sein Sohn 1876 starb, verlor sich ihre Spur. Für die städtische Historiographie galt sie als verloren. Insofern war es ein unverhoffter Glücksfall, als die Chronik im Jahr 2006 auf einer Berliner Buchauktion wieder auftauchte und nach Überwindung so mancher Hürden schließlich den Weg zurück in ihre Heimatstadt fand.

Die erste Sektion war Oberlausitzer Themen gewidmet. Der tschechische Historiker und Archivar am Diözesanarchiv Leitmeritz (Litoměřice/CZ) Martin Barus stellte den Görlitzer Stadtschreiber Johannes Frauenburg (ca. 1430-1495) vor. Der aus Danzig stammende und dann nach Görlitz gelangte Ratsherr, Jurist und spätere Bürgermeister von Görlitz hinterließ mindestens vier bedeutende Schriften, die reiche Auskunft über die Geschichte Görlitz‘ im Spätmittelalter geben. Aus diesen wählte der Referent exemplarisch das „Secretarium“ zur näheren Vorstellung aus. Darin notierte Frauenburg etwa zwischen 1470 und 1480 die für ihn wichtigsten Ereignisse des städtischen Lebens. So berichtet er z. B. von wirtschaftlichen, politischen und juristischen Angelegenheiten, dokumentierte die sogenannte „Pulververschwörung“ des Jahres 1467 und reflektierte auch die Beziehungen der Stadt zum böhmischen Landesherrn. Bislang unbeantwortet bleibt die Frage nach den Adressaten der Aufzeichnungen und den Motiven des Schreibers. Barus plädierte dafür, dass Frauenburg die Schriften in erster Linie für sich selbst und seine politische Arbeit anfertigte, was in der folgenden Diskussion kritisch hinterfragt wurde.

Die Prager Historikerin Prof. Lenka Bobková widmete sich der berühmten Zittauer Chronik des Johannes von Guben aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Problematisch sind immer noch die Fragen nach der Intention des Autors sowie seiner Fortsetzer. Auf Johannes von Guben, dessen Ausführungen über Karl IV, der sich wohl häufiger und länger als jeder andere Landesherr im Markgraftum Oberlausitz aufhielt, auch für die gesamtböhmische Geschichtsforschung von großer Bedeutung sind, folgten weitere Amtskollegen, die die Dokumentationsarbeit ihres Vorgängers fortsetzten. Die Referentin vermutete vor allem hinter Konrad Weißbach den Urheber der wertvollen Glossen, die ungewöhnlich reichhaltige Informationen zur Geschichte Böhmens enthalten. Insbesondere jene Glossen sind bislang nahezu unberücksichtigt geblieben, weshalb Prof. Bobková eine Edition derer beabsichtigt.

Ebenfalls von der Prager Karluniversität angereist waren Dr. Jan Zdichynec und Petr Hrachovec. Sie berichteten in einem gemeinsamen Vortrag von ihren laufenden Untersuchungen zur Laubaner und Zittauer Stadtchronistik in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges und nahmen dabei vor allem den Übergang der Oberlausitz von der Krone Böhmens an Kursachsen in den Fokus. Die herangezogenen Chroniken spiegeln die Lebens- und Gedankenwelt der kriegsgebeutelten Stadtbevölkerung plastisch wider. Überhaupt rücken die lokalen Ereignisse deutlich in den Vordergrund, während die „große“ Politik nur eine untergeordnete Rolle spielt. Zwar werden die Bedrückungen und Grausamkeiten der Soldaten ausführlich geschildert und kritisiert, aber es erfolgt keine ausdrückliche Parteinahme für eine der beiden verfeindeten Seiten. So wird schließlich der Übergang an Kursachsen erstaunlich neutral behandelt. Die Flexibilität in der Loyalität der Bevölkerung führen Zdichynec und Hrachovec vor allem auf die allgemein unsicheren politischen Verhältnisse der Zeit zurück. Kulturgeschichtlich von besonderem Interesse sind die in dieser Zeit gehäuften Berichte von ungewöhnlichen Ereignissen. Missgeburten und Himmelserscheinungen kündeten etwa für die zeitgenössische Bevölkerung bevorstehende Unglücke, mithin den Krieg an.

Zum abendlichen Festvortrag begrüßten der Vorstand der Bautzener Volksbank, Klaus Otmar Schneider, sowie der Oberbürgermeister der Stadt Bautzen, Christian Schramm, die Gäste, worauf Prof. Susanne Rau von der Universität Erfurt ihre weitgespannten „Überlegungen zu einer Geschichte der Verflechtungen [der Städte und ihrer Chroniken] auf regionaler und globaler Ebene“ anstellte. Der Bogen spannte sich von der Charakterisierung der städtischen Historiografie des historischen Europas, über die Skizzierung der bisherigen Forschungsgeschichte und ihrer Desiderate, bis hin zu ihren Überlegungen zu den Methoden und Potentialen einer Erforschung der Verflechtungsgeschichte urbaner Geschichtsproduktion in Mittelalter und Neuzeit. Mit dem Denkmodell der „Global City“ verwies die Referentin auf die direkten und indirekten Netzwerke zwischen städtischem Gemeinwesen und deren Reflektion in der lokalen Chronistik. Deren Erforschung zähle noch immer zu den Desideraten der gegenwärtigen Urbanhistoriografie. Exemplarisch nennt Rau die Städte der Hanse, deren Geschichtswerke in der Regel auch Belange anderer Mitglieder dieses Handelsnetzwerkes diskutieren. Realpolitische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Verflechtungen bedingen demnach auch Verbindungen und Gemeinsamkeiten in der Geschichtstradierung.

Den Auftakt am zweiten Konferenztag bot der Freiburger Historiker und Archivar Dr. Klaus Graf mit einem Referat zur „Historiographie, Erinnerungskultur und Traditionsbildung in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten des deutschsprachigen Raums“. Graf definierte die städtische Erinnerungskultur als vernetztes Ensemble von Medien, die in ihrem Zusammenwirken das kollektive Geschichtsbild der Bevölkerung prägen. Dazu zählt er neben der eigentlichen Historiografie Lieder, Bildwerke, Rituale und Bräuche, Gedenkfeste und Jubiläen, Gedenkmünzen sowie Sprichwörter und Sagen. Als Träger dieser Gedächtnisarbeit benannte der Referent das Stadtregiment, die städtische Oberschicht, Handwerker und ihre Zünfte als auch Kirchen und Klöster. Mit dem Hinweis auf die Bedeutung der noch jungen Erzählforschung für die urbane Geschichtswissenschaft beschloss Graf seine Ausführungen. Die zweite Sektion widmete sich der Stadtchronistik in Sachsen. Der Moderator Dr. Mario Müller nutzte die Gelegenheit, um zunächst mehrere einschlägige Neuerscheinungen der OLGdW wie die Editionen von „Caspar Haberkorns Annalen der Stadt Kamenz“ (Scriptores rerum Lusaticarum VII) und  die „Chronik der Stadt Zittau 1255-1623“ (SRL VIII) sowie den Sammelband „Studien zur neuzeitlichen Geschichtsschreibung in den böhmischen Kronländern Schlesien, Oberlausitz und Niederlausitz“ (NLM Beiheft 11) vorzustellen.

Den ersten Vortrag der Sektion hielt Dr. Gesine Mierke von der Technischen Universität Chemnitz, die kurz zuvor in Vertretung für ihren Kollegen Prof. Christoph Fasbender in das Tagungsprogramm eingerückt war. Sie berichtete über ihre laufenden Forschungen zu den Ratsannalen des Görlitzer Stadtschreibers und Bürgermeisters Johannes Hass, den die Referentin kurz biografisch vorstellte. Die bereits im 19. Jahrhundert in drei Bänden edierten Annalen hatte Hass sogleich nach seiner Ankunft in Görlitz im Jahr 1509 begonnen und fast bis an sein Lebensende 1544 fortgeführt. Im Gegensatz zu vielen anderen, bisher in der Tagung vorgestellten Chronisten griff Hass wertend in seine Aufzeichnungen ein. Verhältnismäßig klar erscheint der Referentin die Motivation Hass‘. Mit der Dokumentation und Bewertung juristischer Fallbeispiele in der Stadtgeschichte suchte der Schreiber in didaktischen Hinweisen zur rechtlichen Absicherung vergleichbarer zukünftiger Streitfälle beizutragen. Klar im Mittelpunkt standen dabei die Interessen des Stadtbürgertums, auch in Abgrenzung zum landsässigen Adel.

Dem schloss sich der Beitrag von Andrea Kramarczyk, Kustodin des Schlossbergmuseums in Chemnitz, über den Quellenwert der „Schülergespräche“ des frühen deutschen Humanisten Paulus Niavis (ca. 1453 - ca. 1517) an. Niavis, mit „bürgerlichem Namen“ Paul Schneevogel, wirkte u. a. als Lehrer und Rektor der Lateinschule in Chemnitz aber auch als Stadtschreiber in Zittau und Bautzen. Seine gedruckten lateinischen Dialogsammlungen stellen aus dem Blickwinkel der diesmaligen Tagungsthematik eine Sonderform der urbanen Historiografie dar. Die festgehaltenen Zwiegespräche, von denen die sogenannten „Kinderdialoge“ wohl am bekanntesten sind, demonstrieren zunächst nur verschiedene lateinische Ausdrucksübungen und haben somit Schulbuchcharakter. Jedoch berichtet der Inhalt des gesprochenen Wortes aus dem Alltagsleben der spätmittelalterlichen Stadt Chemnitz. Nach Kramarczyks Ansicht, die eine Edition der Dialoge beabsichtigt, war sich Niavis der stadtchronistischen Bedeutung seiner Dialoge durchaus bewusst und richtete sich deshalb nicht allein an seine Lateinschüler. Wenngleich aber die Schriften sachlich unumstößliche Wahrheiten enthielten, so sei dennoch von der gegenwärtigen und zukünftigen Forschung bei jeder Aussage die didaktische Intention Niavis‘ gesondert zu prüfen, denn diese sei stets dem Aussagewerts des Inhalts übergeordnet, so die Referentin. Eine interessante Bereicherung bot ein Auszug aus der vom Chemnitzer Schossbergmuseum erstellten Vertonung der Schülergespräche.

Schließlich führte die Sektion 3 nach Böhmen und Schlesien. Prof. Marie Bláhová aus Prag schöpfte aus ihren langjährigen Forschungen zur spätmittelalterlichen Stadtchronistik in Böhmen und skizzierte die Entwicklung von den fragmentarischen Anfängen im 13. Jahrhundert bis hin zum Niederschlag der Hussitenkriege in den Geschichtswerken. Mit einigen Beispielen aus der Stadt Prag umriss die Referentin schließlich die typischen Inhalte der stadtchronikalischen Texte.

Dr. Uwe Tresp von der Universität Potsdam brachte die Perspektive der Adelsgeschichtsforschung auf die urbane Chronistik in das Tagungsprogramm ein. Er konnte in seinen Untersuchungen zu den Grafen Schlick als Pfandherren der westböhmischen Stadt Elbogen (Loket/CZ) auf den für diese Zeit äußerst seltenen Befund einer Parallelüberlieferung zurückgreifen. Einer Chronik der Stadt, welche den Zeitraum von 1471 bis 1504 abbildet, konnte er mehrere Briefe des Pfandherrn Sebastian Schlick, die sich im Dresdener Hauptstaatsarchiv erhalten haben, in einer vergleichenden Studie gegenüberstellen. Den konkreten Anlass der spätmittelalterlichen Aufzeichnungen bot eine Konfliktsituation, die zwischen den Stadtbewohnern, benachbarten Adelsfamilien und den Grafen Schlick entbrannt war. Das Verhältnis zum ungeliebten Pfandherrn hatte sich schließlich derart zugespitzt, dass die Stadtbürger das Grafenschloss belagerten und besetzten. Sebastian Schlick konnte seinen Adelssitz nur mit sächsischer Hilfe zurückerobern. Während die Stadtchronik die Sicht der Bürger auf die Ereignisse widergibt und die Pfandherrn dabei erwartungsgemäß äußerst negativ dargestellt werden, bilden die Rechtfertigungsschreiben Schlicks gleichsam die Gegenposition dazu. Die sehr unterschiedliche Darstellung und Auslegung ein- und desselben Gesamtereignisses dokumentieren eindrücklich Bedeutung der Schreibmotive der Verfasser für die Geschichtsüberlieferung.

Anschließend geleitete Dr. Woiciech Mrozowicz vom Staatsarchiv Wrocław nach Schlesien und stellte die Stadtchronistik Breslaus um das Jahr 1500 vor. Anhand von vier ausgewählten Chronikwerken versuchte der Referent aufzuzeigen, dass sich lokal auch eigene Schreibtraditionen ausbilden konnten, denn die Beispiele würden nicht bewusst an deutsche Traditionslinien anknüpfen. Der ebenfalls aus Breslau stammende Historiker Dr. Roland Czarnecki referierte über die Arbeitsweise des Namslauer (Namysłów/PL) Stadtschreibers Johannes Froben (1462/69 - ca. 1510). Dieser habe, so der Referent, seine Erzählungen ausschließlich chronologisch angeordnet; als Quellen habe er sowohl mündliche als auch schriftliche Überlieferungen, mithin sogar gedruckte zeitgenössische Geschichtswerke herangezogen. Im Gegensatz zur Arbeitsweise manch anderer Schreiber verfasste er seine Schriften nicht in einem „vornehmen“ Stil, da für ihn ausschließlich der Inhalt ausschlaggebend gewesen sei. Die Abkehr von scheinbar etablierten formalen Stil- und Aufbauregeln mache die Schrift des Johannes Froben besonders interessant für die Chronistikforschung. Mit ausgewählten Zitatbeispielen veranschaulichte Czarnecki die teilweise ironischen und spöttischen Ausführungen Frobens. Um bestimmte Sachverhalte zu dramatisieren, bediente sich der Schreiber sogar fingierter Dialoge.

Die Nachmittagssektion entführte zu den nördlichen Nachbarn, nach Brandenburg und in die Niederlausitz. Dr. Klaus Neitmann, Direktor des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam, berichtete ebenfalls von einem spätmittelalterlichen Konflikt einer Stadt mit ihren adligen Stadtherrn im Spätmittelalter. Allerdings handelte es sich bei der Aufzeichnung um eine spezielle Literaturgattung, denn die Fehde der Stadt Beeskow in der nördlichen Niederlausitz mit Johann IV. von Biberstein im Jahr 1425 ist in einem Urkundenkopiar verzeichnet. Aufgrund einer älteren Erbschaft beanspruchte der Bibersteiner die Herrschaft über die Stadt, obwohl diese sich bereits seit einiger Zeit im Besitz der Herzöge von Pommern-Stettin befand. Eine List Bibersteins führte schließlich zur heimlichen Besetzung der Stadt durch seine Mannen. Daraufhin verlangte er unter Androhung von Gewalt die Huldigung von den Bürgern. Neun von 52 Seiten des Kopiars schildern nahezu episch aus der Perspektive der Stadt die „grausamen“ Taten Bibersteins. Auch hier bediente sich der Schreiber der Wiedergabe eines Dialogs zwischen den Bürgern und dem Adligen um die Dramatik der Ereignisse hervorzuheben.

Dr. Heinrich Kaak von der Universität Potsdam führte schließlich ein brandenburgisches Beispiel in den Vergleich ein. Die Prenzlauer Chronik des Christoph Süring (1615-1673) dürfte vermutlich auf Wunsch zahlreicher Stadtbürger entstanden sein, wie Kaak vermutet. Sie ist dennoch ein Beispiel klerikaler Provenienz, denn ihr Verfasser war der Pfarrer der Prenzlauer Kirche St. Sabinen. Genaugenommen handle es sich bei der besprochenen Chronik um zwei überlieferte Werke. Eine wohl frühere Handschrift „A“ charakterisierte der Referent als vermutlichen Chronikentwurf, der dennoch inhaltliche Unterschiede aufweist. Die eigentliche Chronik, Variante „B“, sei dagegen sehr wahrscheinlich als Vorlage für einen geplanten Druck entstanden. Einer kurzen Beschreibung der historischen Stadt Prenzlau folgt zunächst die chronologische Wiedergabe der Ereignisse der Jahre 1105 bis 1587 und gleich anschließend der Jahre 1653 bis 1670. Mithin besteht eine Lücke zwischen 1587 und 1653. Dennoch dürften diese einst existiert haben und der Referent äußerte seine Hoffnung, auf diesen Teil noch zu stoßen. Interessant an diesem Geschichtswerk sei die Selbstdarstellung des Schreibers. Süring erwähnte sich demnach selbst über fünfzig Mal. Als besonders bemerkenswert hob Kaak die Behandlung negativer Ereignisse in der Chronik hervor. Wohl in der Absicht, diese nicht allen Lesern zugänglich machen zu können, schrieb der Prenzlauer Pfarrer solche in der Regel in lateinischer Sprache nieder – wiederum ein Beispiel für den aktiven Eingriff der Chronisten in die Geschichtstradierung.

Am Ende der Referate übernahm Dr. Mario Müller von der TU Chemnitz die Aufgabe das an zwei Tagen Vorgestellte und Gehörte zusammenfassen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Stadtchroniken hinsichtlich personellem Hintergrund, Gattungsfragen, Motiven, Inhalten und Verschriftlichungsstilen von Stadtgeschichte in sieben Punkten herauszuarbeiten und so Ergebnisse und Stand wie auch  Desiderate der Stadtchronistikforschung aufzuzeigen.

Als erster Schritt sollen die Referate alsbald in einen Tagungsband münden.

Nach diesen geistigen Auseinandersetzung boten eine Stadtführung sowie der Besuch des Bautzener Archivverbunds mit Grit Richter-Laugwitz und Anja Moschke und des Domstiftsarchivs mit Dr. Birgit Mitzscherlich die Gelegenheit, sich mit der Gastgeberstadt Bautzen und ihren archivischen Besonderheiten und Schätzen vertraut zu machen. Eine mehr als 30.000 Bände umfassende Bibliothek des Domstifts, die sowohl eine Vielzahl äußerst seltener alter Drucke als auch die einschlägige sammlungsspezifische Literatur der Jetztzeit vereint, ließ die Teilnehmer zum Beispiel in andächtiges Staunen geraten.